Wechseljahre – „Wir müssen reden“ – Expertinnen im Gespräch

Wechseljahre

„Wir müssen reden“ – Expertinnen im Gespräch

Hitzewallungen, Gewichtszunahme und die letzte Periode – das haben vermutlich viele Menschen beim Stichwort „Wechseljahre“ im Kopf. Wie vielfältig die Symptome sein können und wie früh sie beginnen, ist weit weniger bekannt. Das sollte sich ändern.


Von Patricia Roß
16.12.2025 - 09:30
Lesezeit: ca. 10 Minuten


EXPERTINNEN IM GESPRÄCH Podiumsdiskussion unter dem Motto „Wechseljahre – wir müssen reden!“ Foto: Patricia Roß

Der Saal einer hessischen Kleinstadt ist bis auf den letzten Platz gefüllt, als an einem Oktobernachmittag rund 150 Frauen zusammenkommen. Ein leises Stimmengewirr lag in der Luft, neugierig, erwartungsvoll – bis drei Expertinnen auf dem Podium Platz nahmen und alle Aufmerksamkeit auf sich zogen.

Auf der Bühne: Miriam Stein, Journalistin und Bestseller-Autorin, die persönliche Beobachtungen zu den Wechseljahren schilderte und sich dafür stark macht, dass die Wechseljahre auch in der Politik Beachtung finden. Dr. Daniela Bach, Gynäkologin und Women’s Health Educator, die über Symptome und Behandlungsmöglichkeiten informierte. Und Bianca Burghardt, Apothekerin und Darmtherapeutin, die den Einfluss von Ernährung und Darmgesundheit beleuchtete.

Zwischen den drei Frauen entspann sich ein Gespräch über sehr persönliche Erfahrungen, typische Symptome und wirksame Behandlungsoptionen – und das immer wieder den Blick öffnete für die politische Dimension: Warum sind die Wechseljahre gesellschaftlich und in der Ausbildung von Ärzt:innen noch immer so unterrepräsentiert? Wer trägt Verantwortung dafür, dass sich das ändert?

Die Besucherinnen hörten aufmerksam zu und stellten viele Fragen. Man merkte schnell: Dieses Event war mehr als eine Informationsveranstaltung. Es war ein Raum, in dem ein lange unterschätztes Thema endlich offen und vielschichtig diskutiert wurde.

Jede:r ist irgendwann betroffen – direkt oder indirekt

Knapp die Hälfte aller Menschen weltweit sind Frauen. Allein in Deutschland sind aktuell neun Millionen Frauen zwischen 40 und 55 Jahren alt und somit in den Wechseljahren. Etwa 2/3 von ihnen leiden an Wechseljahres-Beschwerden, 1/3 davon an schweren Beschwerden. Jede Frau durchlebt irgendwann in ihrem Leben diese Phase und ist somit direkt davon betroffen, und auch das Umfeld ist indirekt betroffen: Partner, Kinder, Familie, Arbeitgeber…. Die Auswirkungen sind im Grunde für jeden spürbar, persönlich und auch wirtschaftlich hoch relevant. Aber ist uns das bewusst, und wie gehen wir damit um?

Raus aus der Tabu-Zone – offene Kommunikation ist wichtig

Das Thema Wechseljahre wurde lange Zeit tabuisiert – man sprach gar nicht, nur zu kleinen Teilen oder nur im stillen Kämmerlein darüber. Zum Glück rückt die Thematik aber mittlerweile stärker ins Bewusstsein, auch in die Öffentlichkeit. Und das ist gut so, denn insbesondere die vielfältigen Symptome der Perimenopause, das Wissen darüber, wie früh die Wechseljahre tatsächlich beginnen können und was man gegen Beschwerden tun kann, sind oft nur unzureichend vorhanden.

Ich persönlich hielt mich zum Beispiel mit Anfang 40 noch für zu jung für die Wechseljahre. Nachdem ich aber sehr eindrückliche Erfahrungsberichte gehört habe, bin ich mir da mittlerweile nicht mehr so sicher. Genau genommen erhärtet sich in mir der Verdacht, dass die Perimenopause auch bei mir bereits vor einer Weile begonnen hat. Das würde manches Symptom erklären und ich habe begonnen, meine Erfahrungen der letzten Jahre in einem anderen Licht zu betrachten. Je mehr ich über die Wechseljahre erfahre, desto mehr denke ich mir: Das hätte ich so gerne früher gewusst!

Die Phasen der Wechseljahre

Die Wechseljahre, auch Klimaterium genannt, verlaufen in verschiedenen Phasen und erstrecken sich über viele Jahre.

Prämenopause
In der Prämenopause beginnt die Produktion der weiblichen Sexualhormone, insbesondere des Östrogens und des Gelbkörperhormons (Progesteron), nachzulassen. Diese Phase beginnt meist um das 40. Lebensjahr herum, kann aber auch schon mit Mitte 30 einsetzen. Die Prämenopause dauert durchschnittlich 6-7 Jahre.

Perimenopause
In der Perimenopause schwankt der Hormonspiegel stark und sinkt schließlich ab. Diese Phase beginnt durchschnittlich mit 47 Jahren und dauert meist ungefähr 4-5 Jahre. Sie kann aber auch nur wenige Monate oder bis zu acht Jahre lang dauern.

Menopause
Die Menopause bezeichnet die letzte Regelblutung einer Frau und setzt durchschnittlich mit 52 Jahren ein. Sie kann nur nachträglich festgestellt werden und bedeutet das Ende der Fruchtbarkeit.

Postmenopause
Die Postmenopause setzt 12 Monate nach der Menopause ein. In dieser Phase, die 10-15 Jahre dauern kann, pendelt sich der Hormonspiegel langsam auf einem neuen, niedrigen Niveau ein. Sie ist abgeschlossen, wenn der Körper sein endgültiges hormonelles Gleichgewicht erreicht hat.

Vielfältige Symptome

Die Teilnehmerinnen der Podiumsdiskussion berichteten offen von ihren eigenen, ganz individuellen Symptomen, und auch viele Stimmen aus dem Publikum belegen: Die Wechseljahre gehen mit vielfältigen Beschwerden, Veränderungen und Symptomen einher. Manche davon kannte ich, über erstaunlich viele davon war ich persönlich allerdings überrascht – insbesondere auch darüber, wie früh die ersten Symptome einsetzen können.

Neben der langen Liste möglicher Beschwerden fand ich einige Erfahrungsberichte und besonders eindrucksvoll: Nicht wenige Frauen in der Perimenopause haben das Gefühl, ihren Alltag nicht mehr auf die Reihe zu bekommen – bis hin zu dem Gefühl, in einen Burnout zu rutschen. Manche werden zur „Furie“ (zurückhaltend ausgedrückt würde man wohl sagen: sie haben Stimmungsschwankungen). Viele Frauen suchen das Problem oft zuerst einmal bei sich selbst – dabei sind häufig schlichtweg die Hormonveränderungen die Ursache der Probleme.

Auch manche Symptome hätte ich bislang nicht den Wechseljahren zugeordnet: neu auftretende Autoimmunerkrankungen und Allergien, Herzrasen, Tinnitus, Hautprobleme, Geschmacks-/Geruchsveränderungen oder Augentrockenheit – all das kann mit der Hormonumstellung zusammenhängen. Statt seltener werdenden Zyklen kann es auch zu häufigeren Blutungen kommen, sogar zu regelrechten Sturzblutungen.

Grund für die vielfältigen Symptome sind die Umstellungen im Hormonhaushalt und die Tatsache, dass die Hormonwerte nicht einfach konstant sinken, sondern eher einer Achterbahnfahrt gleichen. Aus diesem Grund macht eine Bestimmung des Hormonstatus nur eingeschränkt Sinn, denn sie ist immer nur eine Momentaufnahme. Ein paar Tage früher oder später können die Werte zyklusbedingt ganz anders ausfallen. Hier gilt: Symptome stechen Hormonwerte.

Mögliche Symptome in den Wechseljahren

  • Zyklus-Unregelmäßigkeiten: seltener oder häufiger, stärker oder schwächer
  • Schlafstörungen
  • Hitzewallungen und Schweißausbrüche
  • Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit
  • Depressive Verstimmung
  • Geringere Belastbarkeit
  • innere Unruhe, Ängstlichkeit, Panik
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Erschöpfung
  • das Gefühl, das Leben nicht mehr auf die Reihe zu kriegen
  • Burnout
  • Schwindel
  • Tinnitus
  • Haut- und Schleimhautprobleme, beispielsweise trockene Haut/Schleimhaut oder Rosacea
  • Augentrockenheit
  • Geschmacks- oder Geruchsveränderungen
  • Allergien
  • Autoimmunerkrankungen
  • Gelenk- und Muskelbeschwerden
  • Gewichtszunahme
  • Herzbeschwerden, z.B. Herzstolpern oder Herzrasen
  • Harnwegsinfekte, Blasenschwäche
  • träger werdender Darm
  • Brustschmerzen
  • Verringerte Libido
  • Migräne, Kopfschmerzen

Der Gang zum Arzt – Behandlungsmöglichkeiten und Tipps

Die vielfältigen Symptome und Beschwerden der Wechseljahre muss heutzutage keine Frau mehr einfach so hinnehmen. Genauso wenig ein lapidares „Da müssen Sie jetzt durch“. Je mehr Beratung und medizinische Betreuung wir bekommen und je mehr Wissen wir uns aneignen, desto besser können wir mit dieser Lebensphase umgehen und Beschwerden lindern.

Hilfreich als Vorbereitung für ein Arztgespräch oder eine Beratung ist es, über 3-6 Monate einen Zykluskalender zu führen – und zwar inklusive Symptomen und Stimmungen, um zyklische Zusammenhänge einfacher erkennen zu können. Dabei gilt: Auch wenn du noch deine Periode hast – vertrau auf dein Bauchgefühl und sprich das Thema Wechseljahre aktiv an. Leider haben nicht alle Ärzt:innen ausreichend Wissen in diesem Themenkomplex. Suche dir gegebenenfalls Ansprechpartner, die sich explizit mit den Wechseljahren auskennen.

Abhängig von den individuellen Symptomen und der aktuellen Phase gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten: Neben einer Hormonersatztherapie mit bioidentischen Hormonen, die immer in ärztliche Betreuung gehört und deren Medikamente rezeptpflichtig sind, können im Einzelfall auch Phytopharmaka helfen. Auch Apotheker:innen können beraten und haben verschiedene Präparate für spezifische Symptome im Angebot. Bei allen Mitteln gilt: Sie sollten gezielt und individuell eingesetzt werden, es gibt kein „one size fits all“.

Lifestyle: Ernährung, Bewegung und Stressmanagement

Allgemein, gerade aber auch in den Wechseljahren, gilt: Ernährung, Bewegung und Stressmanagement sind essenziell wichtig für die Gesundheit und das eigene Wohlbefinden und können helfen, Wechseljahres-Symptome zu mildern und wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Dazu gehört auch eine gute Schlafhygiene.

Eine gesunde, ausgewogene Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen (Empfehlung: 30 Gramm pro Tag) und Proteinen (Empfehlung: täglich 1,6 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht), gesunden Fetten und möglichst vielen verschiedenen pflanzlichen Lebensmitteln („eat the rainbow“) hilft dem Körper, mit allen notwendigen Stoffen versorgt zu sein und gut zu funktionieren. Hochverarbeitete Lebensmittel und Zucker sollten reduziert werden. All das ist auch für die Darmgesundheit wichtig – ein essenzieller Faktor auch für die allgemeine Gesundheit.

Bereits ab dem 30. Lebensjahr baut der Körper Muskeln ab. Dadurch verringert sich der Grundumsatz – einer der Gründe für die häufig vorkommende Gewichtszunahme in den Wechseljahren. Zudem stabilisieren Muskeln die Knochen – ebenfalls wichtig, um gesund zu altern. Es empfiehlt sich spätestens in den Wechseljahren dringend, Krafttraining zu machen, um die Muskulatur aufzubauen, dem Muskelverlust und einer ungesunden Gewichtszunahme entgegenzuwirken.

Die hormonellen Veränderungen bringen häufig auch eine emotionale Achterbahn mit sich. In der Mitte des Lebens kommen zudem oft multiple Verpflichtungen und Belastungen zusammen, insbesondere Job und Familie. Um gut durch diese aufreibende Lebensphase zu kommen, ist ein gutes Stressmanagement und Selbstfürsorge sehr hilfreich. Yoga und Meditation, Atemübungen und eine bewusste Dankbarkeits-Praxis können hilfreiche Tools sein. Bewusstes Zeit nehmen für sich selbst, um schöne, entspannende, wohltuende Dinge zu tun – all das kann dazu beitragen, den persönlichen Akku wieder aufzuladen.

Optimierungsbedarf in Sachen medizinischer Betreuung

Das medizinische Wissen und die medizinische Betreuung sind optimierungsbedürftig: Die Wechseljahre werden bislang im Medizinstudium kaum behandelt, selbst in der Facharzt-Ausbildung für Gynäkolog:innen wird dieser Themenkomplex als unzureichend bemängelt. Es gibt keine explizite Hormon-Ausbildung, dafür müssen sich Ärzt:innen explizit weiterbilden. Das mangelnde Fachwissen spiegelt sich auch in Berichten darüber wider, dass Ärzte nicht immer einen Zusammenhang zwischen Beschwerden und den wechseljahresbedingten Hormonumstellungen herstellen – erst recht in Fachrichtungen außerhalb der Gynäkologie.

Dazu kommt: Ärzt:innen haben in der Praxis eigentlich nur 7 Minuten Zeit pro Patientin – zu wenig für eine umfassende Beratung. Es gibt keine Abrechnungsziffer der Krankenkassen für Wechseljahresbeschwerden, Ärzt:innen können nur 16 Euro pro Quartal für die allgemeine Beratung einer Patientin abrechnen. Eine gründliche Behandlung ist wirtschaftlich so im Grunde nicht möglich. Dabei wird der ICD-Code N91, der die klimaterischen Störungen umfasst, 7 Millionen Mal jährlich diagnostiziert.

Es bewegt sich etwas

Nach und nach wird mittlerweile mehr Bewusstsein für das Thema Wechseljahre geschaffen, Wissen geteilt und ausgebaut – in den Medien, in der Politik, in Unternehmen und im persönlichen Austausch. Man findet immer mehr Bücher, Artikel, Beratungsangebote, Workshops und Veranstaltungsreihen rund um die Wechseljahre. Auf Social Media gibt es viele Informationen und regen Austausch, beispielsweise unter dem Hashtag #wirsindneunmillionen. 2026 soll im Medizinstudium das Thema Wechseljahre mit aufgenommen werden – das wäre ein wichtiger Schritt in Richtung besserer Bildung und Versorgung.

Auch auf politischer Ebene bewegt sich etwas in Deutschland: Die Wechseljahre haben es als Thema in den Bundestag geschafft und wurden im aktuellen Koalitionsvertrag 2025 explizit mit aufgenommen. Ende November hat die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken den „Dialogprozess Wechseljahre“ gestartet, in dem Defizite und Bedarfe identifiziert werden sollen, um daraufhin gezielt Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln.

Diese Entwicklungen sind gut und wichtig – immerhin betrifft das Thema keine Minderheit, sondern immens viele Menschen. Die Wechseljahre sollten kein Tabu sein, und das Wissen darüber sollte jedem zugänglich sein. Die Wechseljahre sind keine Krankheit, auch wenn sie Beschwerden hervorrufen können – sondern eine ganz natürliche Lebensphase, die eben mit Veränderungen einhergeht. Man kann viel besser damit umgehen, wenn man gut informiert ist.

Zahlen, Daten, Fakten

Unter dem Motto „Wechseljahre – wir müssen reden!“ wurde 2025 eine Veranstaltungsreihe mit insgesamt 12 Events in Kooperation mit Apotheken angeboten. 2026 werden weitere Termine folgen.

Über Miriam Stein
Miriam Stein ist Journalistin und Autorin. Ihr Bestseller „Die gereizte Frau“ dreht sich um die Frage, was die Gesellschaft mit den Wechseljahren zu tun hat und warum das Thema auch politisch ist.

Über Dr. Daniela Bach
„Doc Dany“ ist Gynäkologin und Women’s Health Educator. Mit der Glückssprechstunde bietet sie unter anderem Online-Kurse an, berät Unternehmen und setzt sich für Aufklärung ein.

Über Bianca Burghardt
Bianca Burghardt ist Apothekerin, Darmtherapeutin und Speakerin. Sie berät Patient:innen sowohl in der Apotheke als auch online.

EMPFEHLUNG DER REDAKTION
DIGITAL DETOX Gerade in den Wechseljahren ist ein gutes Stressmanagement wichtig. Digital Detox kann dazu beitragen. »zum Beitrag Digital Detox statt Daueronline – Mehr echtes Leben, weniger Bildschirm

ABBILDUNGEN
© Beitragsbild Patricia Roß, restliche Abbildungen siehe Bildunterzeilen

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